Am 28. Oktober 2011 verstarb Leonhard Helmschrott im Alter von 90 Jahren.
"Kommt einst die Stunde, da
ich scheiden muß,
gilt der sozialistischen DDR
mein letzter Gruß.
Sie war größte Errungenschaft
unseres Volkes.
Ihr Ideal fortzusetzen, bedarf
es neuer Kämpfer." Leonhard Helmschrott
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Das
ungewöhnliche Leben des Leonhard Helmschrott - vom bayrischen
Bauernjungen zum bekannten Journalisten und Politiker der DDR
„Sag nie, ich kann nichts tun"
– Das ist der Titel einer spannungsvollen Geschichte des
einundzwanzigjährigen Jungbauern Leonhard Helmschrott aus dem
kleinen Dorf Unterthürheim bei Augsburg.
Nach blutigen Kämpfen in einem Krieg.
den er ablehnte, traf er 1942 eine Entscheidung, von ihm damals noch
nicht erkannter Tragweite, die seinen weiteren Lebensweg bestimmen
sollte.
Bei den Rotarmisten angekommen, war er
bereit, wieder in den vordersten Schützengraben zu gehen. Aber
dieses Mal auf der richtigen Seite, um mit dem Mikrofon seine
deutschen Kameraden aufzufordern, seinem Beispiel zu folgen und so
ihr Leben zu retten. Die Antwort war niederschmetternd.
Maschinengewehre und Granatwerfer setzten sie gegen ihn ein.
In seinem Buch bewundert der Autor die
theoretische Weitsicht und Kampfentschlossenheit der deutschen und
sowjetischen Kommunisten und ihr Eintreten für das einfache Volk.
Mit Verbissenheit und Zielstrebigkeit studierte er deren Theorie,
den Marxismus-Leninismus, und wurde selbst zum Kommunisten.
Als Gründungsmitglied des
Nationalkomitees „Freies Deutschland" ergriff Leonhard
Helmschrott auf der Gründungskonferenz das Wort für die deutschen
Bauern und wurde in das etwa 40 Personen zählende Nationalkomitee
gewählt.
Ihrer sozialen Herkunft nach waren es
Arbeiter, Wissenschaftler, Künstler, deutsche Kommunisten, die als
Emigranten in der Sowjetunion lebten, Sozialdemokraten,
Wehrmachtsangehörige vom Soldaten bis zum General. So
unterschiedlich ihre bisherige Lebensweise war, so unterschiedlich
waren auch ihre politischen Meinungen und Ansichten. Der Autor erzählt
über kameradschaftliche Streitgespräche, die bei manch einem zu
neuen Erkenntnissen führte. Aber in einem waren sich alle
Mitglieder einig: Sie wollten die Beendigung des Krieges und den
Sturz des Faschismus in Deutschland.
Das Manifest des Nationalkomitees wurde
einstimmig angenommen, von Flugzeugen in großer Stückzahl über
den deutschen Fronten abgeworfen und deutschen Widerstandsgruppen im
In- und Ausland zugestellt. Eindrucksvoll erzählt Leonhard
Helmschrott sein Zusammentreffen mit Wilhelm Pieck, Schorsch
Kassler, Walter Ulbricht, Erich Weinert, Johannes R. Becher, Edwin
Hoernle und anderen in der Sowjetunion weilenden deutschen
Kommunisten.
Auch im Nationalkomitee kämpfte der
Autor in Wort und Schrift gegen den deutschen Faschismus und den
Krieg. Seine Flugblätter wurden zu Hunderten von der „Nähmaschine",
einem sowjetischen Kleinflugzeug, über den deutschen Linien
abgeworfen. Er schrieb Artikel in der international bekannten
Zeitung „Freies Deutschland" und sprach im gleichnamigen
Sender, der bis in die USA zu hören war.
Nach Auflösung des Nationalkomitees
„Freies Deutschland" im November 1945 flog der Autor mit
Mitgliedern und Mitarbeitern des Komitees nach Deutschland. Als
Redakteur der „Schweriner Volkszeitung", Organ der KPD,
schildert Leonhard Helmschrott, wie die ehemaligen Landarbeiter und
landlosen Bauern durch die Bodenreform Land erhielten und als
Neubauern in Besitz nahmen. Als Bauer fühlte er mit ihnen die
Freude und den Stolz, jetzt selbst verantwortlich für die gute
Bestellung des Bodens zu sein.
Stets waren dem Autor die Interessen der
Bauern ans Herz gewachsen. So folgte er dem Ruf, an der Gründung
und Entwicklung der Bauernpartei mitzuarbeiten. Er wurde in den
Parteivorstand, ins Präsidium und Sekretariat gewählt. Die
Funktion des Chefredakteurs des „BAUERN ECHO" übte er 41
Jahre aus und verfasste über 6000 Publikationen, vor allem zum Bündnis
der Arbeiter und Bauern.
Als Vorsitzender der DBD-Fraktion in der
Volkskammer und Mitglied des Staatsrates beschreibt Helmschrott die
sozialistische Demokratie, aber auch die Mängel in der Tätigkeit
der Volkskammer und anderer Volksvertretungen. Er war als Mitglied
des Deutschen Volksrates Gründungsmitglied der DDR.
Ein wichtiger Abschnitt in dem Buch ist
der DDR gewidmet. Der Autor schildert die objektiven und subjektiven
Ursachen der großen Erfolge sowie des Niedergangs der DDR und des
Scheiterns des Sozialismus, ohne den Anspruch auf Vollständigkeit
zu erheben. Kritisch und selbstkritisch nimmt er zu sich und seinen
Kampfgefährten Stellung. Seine schlüssige Meinung ist: Der
Sozialismus konnte unter großen Opfern den Frieden erhalten, aber
noch nicht überzeugend die ökonomische Überlegenheit über den
Imperialismus herbeiführen .
Als eine der wichtigsten subjektiven
Ursachen des Scheiterns nennt Leonhard Helmschrott die sträfliche
Vernachlässigung der materialistischen Dialektik. Sie sei die
entscheidende Voraussetzung, im richtigen Augenblick das Richtige zu
tun. Wer sie unterschätzt, beraubt sich der Fähigkeit
wissenschaftlicher Voraussicht. In seinem Buch entwickelt er seine
Gedanken zu diesem fundamentalen Thema.
Trotz der erschütternden Niederlage
wird dem Sozialismus die Zukunft gehören. Der Autor ist sich
sicher, dass die alte Welt in ihrer Endphase lebt, dass sich die
befreienden Kräfte finden werden, die aus den Niederungen des
drohenden Untergangs auf die Höhen einer besseren Zukunft geleitet
werden.
Das Buch „Sag nie, ich kann nichts
tun", erschienen im Verlag
am Park, ist eine spannungsreiche Lektüre für Jung und Alt. Es
ist ein ungewöhnliches Buch, ungewöhnlich wie das Leben des
Leonhard Helmschrott vom bayrischen Bauernjungen zum bekannten
Journalisten und Politiker der DDR.
Marlis Huuck
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